From: HeyJoeT-AT-t-online.de (Joachim Teipel) Subject: Re: Horkheimer: "Gerechtigkeit" and " Recht" (fwd) Date: Sat, 2 Sep 2000 10:15:07 +0200 Dear list members, I received the following comment on my question from Dr. Rintelen, a Berlin based historian. He agreed in posting it on our list. - Best wishes: Joachim. Rintelen schrieb: > > [..] The text ends with the conclusion: "Mit der Erfllung > > der > > > Gerechtigkeit verschwindet das Recht." > > > > > > My question is: > > > > > > Are there roots of this thesis in Horkheimers earlier thinking and/or > traces > > > of > > > it in his later work? > > Lieber Joachim, > > dass die von Dir ohne genauere Kennzeichnung des Zusammenhangs zitierte > Sentenz > aus Horkheimers "Dämmerung" (1934) ihre Wurzeln bei Marx/Engels hat, halte > ich > für ziemlich wahrscheinlich. Erst in der (letzten) kommunistischen > Entwicklungsstufe kann, so liest man dort, "der enge bürgerliche > Rechtshorizont > ganz überschritten werden" - und zwar in jenen Zustand der Gesellschaft > hinein, > in der der Satz gilt: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen > Bedürfnissen" (MEW 19, 21). Dies wäre dann also der Zustand, in dem > Gerechtigkeit herrscht. Das hat so schon früh, 1843, Engels etwas flott > formuliert: "Wirkliche Freiheit und wirkliche Gleichheit [seien] nur unter > den > Bedingungen der Kommune möglich", und die "Gerechtigkeit" [kursiv im > Original] > erfordere "solche Bedingungen": MEW 1, 487. > Welche Inhalte sich im "enge[n] bürgerliche[n] Rechtshorizont" des > Klassenstaats finden, haben M/E oft analysiert: z. B. MEW 3, 62f. oder MEW > 18, > 276 (dort findet sich auch neben der bekannten Herleitung von Recht, Gesetz > und > Staat aus den jeweiligen "ökonomischen Lebensbedingungen" die vehemente > Kritik > an den Ideologien von "Naturrecht" und "ewiger Gerechtigkeit" als dem > "verhimmelten Ausdruck der bestehnden ökonomischen Verhältnisse") oder MEW > 23, > 99. > > Ob Horkheimer dieses oder ein sehr ähnliches Denkmuster schon v o r der > "Dämmerung" vorträgt, weiß ich nicht, halte es aber ebenfalls für ziemlich > wahrscheinlich. D a n a c h allerdings findet es sich bis in die vierziger > Jahre in der Sache sehr oft, wenn auch nach meiner Kenntnis nicht in der von > Dir > zitierten Zuspitzung ("Mit der Erfüllung der Gerechtigkeit verschwindet das > Recht"). > > Was nun Horkheimers Vorstellungen von "Gerechtigkeit" als realer Freiheit und > realcr Gleichheit n a c h Überwindung der Klassengesellschaft, was hier also > der > (letzten) kommunistischen Phase bei M/E entspräche, angeht, so halte ich für > besonders eindrucksvoll die Seiten 282ff. in GS, 12: "Kampf und > Gewaltlosigkeit" > (1942). > Was seine Vorstellungen von "Recht" und "Gesetzen" i n der > Klassengesellschaft > angeht, finde ich besonders bemerkenswert in GS, 12 die Seiten 261ff.: "Zur > Rechtsphilosophie" (1942). Dort findet man auch die Pointe, der Rekurs der > Justiz, "verwaltet von den maßgebenden Rackets", auf den mit der S t r a f e, > diesem "Schandmal" der Gesellschaft, verbundenen S c h m e r z sei das > "Eingeständnis der Illegalität des Rechts". Ähnlich wichtig in diesem > Zusammenhang: ibid., 266ff.: "Theorie des Verbrechens". > (Insgesamt zum Komplex Recht/Gerechtigkeit vgl. in Bd. 12 besonders die > Seiten > 76, 101, 287ff. ("Rackets"), 242f. und 298). > > Der s p ä t e Horkheimer denkt meines Wissens anders. Ich halte es für sehr > unwahrscheinlich - nahezu ausgeschlossen -, daß in seinen Äußerungen etwa der > sechziger/siebziger Jahre eine so weitgehende Anlehnung an oder doch > jedenfalls > Nähe zu M/E sich noch findet.
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